Wer hat das Jodeln erfunden?

Alm
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Wer das Jodeln erfunden hat, weiß keiner so genau. Jedenfalls reichen die schriftlichen Belege in das 18. Jahrhundert zurück. Es gibt viele Legenden. Sehr häufig findet man die Erklärung, dass das Jodeln dem Informationsaustausch in den Bergen geschuldet sei.

Typisch für diese vokale Form des Singens sind die bloßen Silben, die Intervallsprünge und damit im Zusammenhang der hörbare Wechsel von Brust und Kopfstimme (Falsett). In unseren Breiten ist das Jodeln auf der Alm und im Gebirge zuhause. Im deutschsprachigen Raum beziehen wir uns auf Österreich, Südtirol, die Schweiz und Bayern.

Einstimmig kann schon vollkommen sein, wie zum Beispiel der Kuhruf. In den Archiven finden sich einfache bis sehr kunstvolle Rufe, mit denen der Senner, die Sennerin das Vieh zusammenholte. Zweistimmige Jodler sind uns viele überliefert, entweder in Terzenparalellen oder als „Gegeneinånd“: Hauptstimme und gleichwertige Gegenstimme. Schon das Zweistimmige kann sehr lustvoll sein. Und beim Wiederholen wird gesteigert – um einen Ton höher – und noch um einen Ton höher!

Das dreistimmige Jodeln nennt man im Schneeberggebiet „dudeln“. Wien kennt den Wiener Dudler. Beide Singstile sind einmalig – das Anschleifen der Töne im südlichen Niederösterreich, das reiche Verzieren in Wien. Die Volksmusikforscher des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts haben hunderte von Jodlern bei ihren mehrwöchigen Feldforschungen gehört und aufgeschrieben. Damals noch ohne Tonband, nur mit gutem Gehör und der Fähigkeit, das Gehörte in ein Notenbild zu fassen, ausgestattet. Als Standardwerk können die 444 Jodler und Juchezer von Josef Pommer, Wien 1902 begriffen werden – ein Jodlerschatz, der seinesgleichen sucht.

Trotzdem: Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das Erlernen von Jodlern kaum aus Notenblättern möglich ist. Es braucht das klingende Erlebnis. Jodlersingen hat einen besonderen Reiz, denn das Klangbad der Mehrstimmigkeit macht beinahe süchtig. Der Einstieg ist entweder tatsächlich ein persönliches Schlüsselerlebnis, oder aber das langsame Herantasten an eine großartige Kunstform, die von landschaftsgeprägten Menschen kommt. Es gibt ganz einfache, nachvollziehbare Weisen, wie den „Hollaresta“ oder den „Trihulljo“ bis hin zu schwierigen Melodieverläufen mit Lagenwechsel und mehr. Wir alle kennen den „Andachtsjodler“, der heute bei keinem Adventkonzert fehlt, den kunstvollen, solistisch angelegten „Erzherzog Johann Jodler“ oder „die lustige Bäurin“.

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Eines steht fest: Das Interesse für diese einmalige vokale Ausdrucksform ist sehr stark. Jodeln liegt im Trend: zu belegen mit der großen Nachfrage nach Seminaren, die das Jodeln vermitteln. Ich finde, es braucht auch die passende Umgebung dazu: Unter freiem Himmel, ein „Singen mit Aussicht“.

Jodeln ist die hörbare Freude am Leben, so lautet auch die Überzeugung beim OU Jodelfest vom 28. August bis zum 3. September, heuer die 8. Auflage in Wien – wie es jodelt & tanzt.

(Dorli Draxler)
Juni 2023