Die Volkskultur kennt eine Vielzahl an Ausdrucksformen. Lieder, Weisen, Dialekt, Handwerk, Bräuche und vieles mehr. Dafür sind nicht nur Fertigkeiten und Können gefragt, sondern auch ein Gutteil Phantasie. Gerade unterhaltende sowie scherzhafte Gstanzln und Lieder regen zum Reimen an. „Schneider, Bäck´ und Firmung, wie reimt sich das zusamm´“ lautet ein wienerisches Scherzlied. Auf den Martinitag, heute, am 11. November, könnte der Reim wie folgt gebaut sein:
Gansl, Jungwein, Martini
wie reimt sich das zusamm´
Das Gansl gibt ´s zu Tisch,
um den Jungwein is a G´riss
Martini, is heut´g´wiss,
so reimt sich das zusamm´!
„Schneider, Bäck´ und Firmung, wie reimt sich das zusamm´“, Quelle: Marieluise Koch, Erhard Mann: „Oans zwoa drei – Volkslieder aus Niederösterreich für die Schule“, Volkskultur Niederösterreich, Atzenbrugg 2013, Seite 41.
Der 11. November, Namenstag des heiligen Martin, wartet mit Bräuchen auf, die viele sehr gern fortbestehen lassen. Kulinarisch betrachtet, wird in den Tagen rund um Martini das Martinigansl und der Jungwein serviert. Das hat nicht nur mit der Jahreszeit, sondern auch mit der Legende rund um den Heiligen zu tun. Denn Martin von Tours (316 – 397) soll sich mehr der Mission als seiner Soldatenlaufbahn gewidmet haben. Er war für Gerechtigkeit und Strenge, aber auch Wundertätigkeit bekannt. So wählte man ihn 371 zum Bischof von Tours in Frankreich. Daran knüpft die Mär, dass er das Amt nicht annehmen wollte und sich im Stall versteckte, von schnatternden Gänsen jedoch verraten wurde. Doch Martini galt auch als wichtiger Zinstermin mit Gänsen als Naturalabgabe. Aufrechterhalten hat sich die Erzählung, dass er noch als junger römischer Soldat seinen Mantel mit einem Bettler teilte. Darauf beruhen alle Gesten des Teilens an diesem Tag. Verbreitet ist das Teilen des Martinsbrots oder süßen Gebäcks als Ausdruck von Nächstenliebe und Solidarität. Die Laternenumzüge und Martinsfeste – wenn auch in den letzten Jahren der „religiösen Neutralität“ wegen, diskutiert – stehen in Kindergärten und Volksschulen nach wie vor im Kalender und entfalten sich durch den Besuch der angehörigen Eltern, Großeltern, Verwandten und Freunden zum Begegnungsfest.

Im November reift der Wein. So sind zu Martini auch zahlreiche „Weinsegnungen“, im Volksmund „Weintaufen“ Brauch, mitunter „Martiniloben“ genannt.
Mit dem jungen Wein darf bereits zugeprostet werden. Davor heißt es beim „Sturm“ noch „Mahlzeit“. Beim Staubigen – wenn also der Wein noch „absetzt“, bis er „blank“ ist heißt´s „G´sundheit“.
Der heilige Martin ist der Patron von Frankreich und Burgenland, sowie der Bettler, Gärtner, Handschuhmacher, Schneider, Soldaten, Weber u. v. m.
In Niederösterreich sind ihm u. a. die Pfarrkirchen in Aschbach-Markt, Bad Fischau, Ernstbrunn, Göllersdorf, Groß-Schweinbarth, Jedenspeigen, Kirchberg an der Pielach, Klosterneuburg, Lassee, Leobersdorf, Marbach an der Donau, Martinsberg, Mistelbach, Mühlbach am Mannhartsberg, Ottenthal, Patzmannsdorf, St. Martin im Waldviertel, St. Martin am Ybbsfelde, Staatz, Stollhofen oder Türnitz geweiht.
3. November: Hubert, Hubertus.
Bischof Hubert (655 – 727) wirkte als Glaubensbote in Belgien. Jahrhunderte später wurde die „Hirschlegende“ auf ihn übertragen. Diese fußt auf einem Tötungsverbot bestimmter Tiere. Der weiße Hirsch trägt ein leuchtendes Kreuz im Geweih. Daraus dürfte sich die Patronanz für die Jagd, die Jäger und Waidmänner ableiten. Sein Namenstag ist ein beliebter Termin für Jägermessen und Hubertusfeiern.

6. November: Leonhard.Leonhard soll im sechsten Jahrhundert als Eremit gelebt haben. Von seiner Zelle aus begann er für Kranke, Gefangene und Hilfsbedürftige zu beten und predigen. So hat er auf wundersame Weise die Ketten zahlreicher Gefangenen gesprengt.
Er gilt als Schutzpatron der Gefangenen und Knechte, aber auch als „Viehpatron“ der Bauern. In Bayern wird er sogar als „bayrischer Herrgott“ bzw. „Bauernherrgott“ bezeichnet. Jedenfalls zählt er zu den am meisten verehrten Heiligen im Alpenraum. Sogar für das Wetter ist sein Namenstag von Bedeutung, denn: „Wie´s Wetter zu Lenardi is´, bleibt ´s bis Weihnåchten für g´wiß“.
15. November: Leopold von Österreich.
Gemeint ist der mildtätige Babenbergerherzog Leopold der III von Österreich, geboren um 1073 in Melk, gestorben am 15. November 1136 in Klosterneuburg – heiliggesprochen am 6. Jänner 1485.
Er ist Gründer der Stifte Klosterneuburg, Heiligenkreuz und Klein Mariazell.
Allgemein bekannt ist die „Schleierlegende“, nach der genau an jener Stelle das Stift Klosterneuburg gebaut wurde, an der sich, vom Winde verweht, der Schleier seiner Frau Agnes unversehrt im Hollergebüsch verfing.
Der heilige Leopold ist Landespatron von Österreich, Wien und Niederösterreich.
In Klosterneuburg findet jährlich am 15. November das traditionelle „Fasslrutschen“ statt.

19. November: Elisabeth von Thüringen.
Elisabeth (1207 – 1231) durchlief als ungarische Königstochter und Gemahlin des Landgrafen Hermann von Thüringen einen ungewöhnlichen, leider recht kurzen Lebenslauf. Ihr Gedenktag wurde mit dem Tag ihrer Beisetzung festgelegt.
Sie trat für die Armen und Notleidenden ein und verschenkte ihr Vermögen Schritt für Schritt. Als Inbegriff für warmherzige und karitative Menschen ist sie die Patronin der Nächstenliebe, und weiters ist sie Landespatronin von Thüringen und Hessen.
Im Zusammenhang mit ihr wird vom „Rosenwunder“ gesprochen. Der Erzählung nach ist damit das heimliche Brotverteilen an die Armen gemeint. Aufgedeckt durch ihren Mann, den Landgrafen, gab sie an, dass sie im zugedeckten Korb ihre gesammelten Rosenblüten trage. Als die Hülle gehoben wurde, fanden sich darin tatsächlich Rosen statt Brot.
22. November: Cäcilia.
Sie ist die Patronin der Kirchenmusik/Musik. Dargestellt wird sie mit einer Orgel oder einem anderen Musikinstrument und der Märtyrerpalme.
Die frühchristliche Märtyrerin soll im dritten Jahrhundert gelebt haben, ihre Historie ist umstritten. Sie sah sich als Verlobte Christus und bekehrte ihr enges Umfeld zum Christentum.
In vielen Pfarren wird das „Cäcilienfest“ mit kirchenmusikalischen Darbietungen gefeiert.

25. November: Katharina.
Die Märtyrerin Katharina von Alexandria zählt mit Margaretha und Barbara zu den bekanntesten drei heiligen Frauen im Kreise der 14 Nothelfer.
Verbreitet ist der Spruch:
„Margaretha mit´m Wurm,
Barbara mit´m Turm und
die Kathl mit´m Radl,
dås sind die heiligen drei Madl(n)“.
Mit Katharina, Kathrein beginnen die geschlossene Zeit im Advent, die Fastenzeit und das Tanzverbot. Demnach heißt es im Volksmund: „Kathrein sperrt die Geigen ein“ oder „Kathrein stellt den Tanz ein“.
Die Volkstanzszene veranstaltet sowohl in der Bundeshauptstadt, wie auch in den Regionen Volkstanzfeste unter der Marke „Kathreintanz“.
Dorli Draxler
November 2025
Hinweise:
Bernadette Spitzer, Von Bischofsstab bis Besenstiel. Mit 365 Heiligen durchs Jahr. Wiener Domverlag, 2020, 399 Seiten.

Bräuche in Niederösterreich zur Vorweihnachtszeit. Zu bestellen unter office@volkskulturnoe.at oder auf Volkskultur_Broschuere_vorweihnachtszeit_WEB.pdf downloaden.
Spotify: „Treibt die Gänse raus“, Polka von Alois Čuma – Franz Posch & seine Innbrüggler.

