Handwerk neu entdeckt

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Trockensteinmauern

Das Trockensteinmauern ist die älteste und nachhaltigste Baukunst aus mineralischem Material. In Österreich sind Trockensteinmauern bis in die mittlere Bronzezeit, also gut 3.500 Jahre zurück, nachgewiesen. Die Technik kam bei Behausungen, Ställen, Gräbern oder Stützmauern zum Einsatz.

Wurzeln des Trockensteinmauerns

Trockensteinmauern ist ein Handwerk, das sich auf zwei Wurzeln zurückführen lässt. Einerseits das sogenannte anonyme Handwerk, denn niemand weiß die Namen derer, welche die ersten Terrassenmauern und Hütten vor vielen Jahrhunderten in dieser Technik gebaut haben. Die Entstehung ist aber leicht erklärt: Steine sind für die Landbewirtschaftung hinderlich, werden daher abgeklaubt, aber gleichzeitig etwas Nützliches daraus geschaffen: Steinhäuser aus Feldsteinen im Waldviertel, Weidemauern (sogenannte Steinhage) auf Österreichs Almen, oder die berühmten Weinterrassen in der Wachau, im Krems- und im Kamptal. Mehrwert ist unter anderem die Wärmespeicherung in den Steinmauern. Geschätzte 2,5 Millionen Quadratkilometer Trockensteinmauern gibt es in der Wachau, davon wurden fast die Hälfte in den letzten 500 Jahren aufgelassen. Solche landwirtschaftlichen Terrassen aus Trockensteinmauern gab und gibt es aber auch weltweit – nicht nur für Wein, sondern auch für Getreideanbau, Obstbäume, Kartoffel, Oliven oder Reisanbau.

Trockensteinmauern der Ingenieure

Das ingenieursmäßige Handwerk des Trockensteinmauerns entstand um 1800 im Zeitalter der Industrialisierung. Eisenbahn- und Straßentrassen in den Alpen entstanden aus Natursteinen, weil vieles aus der Baulogistik wie Kalkgruben, Verarbeitungsmaschinen unc vieles mehr beim Streckenbau nicht mitgenommen werden konnten. Der ingenieursmäßige Trockensteinmauerbau ist beispielsweise die Grundlage unserer heutigen statischen Normen im Baugewerbe.

Trockensteinmauern = Klimaschutz

Trockensteinmauern sind förderlich für den Klimaschutz und die Biodiversität. Im Vergleich zu Beton ist der ökologische Fußabdruck wesentlich kleiner – vor allem, wenn Steine von vor Ort verwendet werden. Darüber hinaus sind die Trockensteinmauern Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere. Untersuchungen an der Mosel in den 1980er-Jahren fanden 128 unterschiedliche Tierarten in der Trockensteinmauer. Biologische Studien im Raum Krems wiesen 550 Pflanzenarten an, bei und auf Trockensteinmauern nach. Was macht die Mauer für Tiere so attraktiv? Gehen Sie an einem heißen Sommertag barfuß von der Hausterrasse in einen alten Erdkeller! Diesen Unterschied finden Tiere in einer Trockensteinmauer. Eidechsen und Reptilien überwintern im losen Erdreich hinter der Mauer und finden dort ideale Bedingungen für ihre Brutablage. Die einen wärmen sich auf den heißen Steinen in der ersten Frühlingssonne auf, die anderen suchen Schutz vor der Hitze in den dunklen Mauerritzen. Sie können sich vor einem Feind verstecken oder in der Mauer auf Beutejagd gehen. Wieder anderen Arten behagt die konstante Temperatur und Feuchte im Mauerinneren.

Seit 2021 ist das Trockensteinmauern als immaterielles Kulturerbe der UNESCO in ganz Österreichanerkannt, im März 2023 erfolgte die Einreichung als Kulturerbe der Menschheit bei der UNESCO international, also weltweit.

Beim Garten- und Pflanzenmarkt im Brandlhof in Radlbrunn am 7. Mai 2023 informierte Gerald Lindner von der Trockensteinmauer-Schule Österreich über die Technik und die Bauten.