Zugegeben, dieser Ansatz ist vielleicht etwas hoch gegriffen, aber er passt wunderbar zum Ziel der UNESCO für das immaterielle Kulturerbe. Mehr noch: Er war sogar Anlass der Gründung der Goldhaubenwallfahrt, die vor wenigen Tagen offiziell in die nationale Liste der ausgezeichneten Traditionen aufgenommen wurde.

(c) Volkskultur Niederösterreich

1957 zog eine Gruppe von Goldhaubenfrauen aus Dankbarkeit über das Kriegs- und Besatzungsende zur Wallfahrt nach Mariazell. Goldhaube statt Stahlhelm, sozusagen. Die Goldhaube als Zeichen des Friedens. Seit damals treffen sich die Damen unter der schönen Haube jedes Jahr in einer anderen Gemeinde oder einer der vielen Wallfahrtskirchen des Mostviertels. Verschiedenste Hauben prägen dann das Ortsbild und die Kirche: Goldhauben und Perlhauben als aufwendigere Variante, kunstvoll gebundene Kopftücher als schlichtere Variante. Erstere trugen vor allem die reicheren Bürgersfrauen (samt ihren kostbaren Bürgerkleidern), die Kopftücher entstammen der bäuerlichen Herkunft. Die heurige Wallfahrt am 15. August führt übrigens nach Neuhofen an der Ybbs.

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Wer glaubt, dass es hier nur darum geht, einmal im Jahr die Haube abzustauben und herzuzeigen, irrt gewaltig. Denn die Goldhaubenfrauen (und auch ihre männlichen Begleiter, die Hammerherren) sind das ganze Jahr über aktiv. Sie sticken und nähen, treffen sich untereinander oder geben ihr Wissen an Interessierte weiter. Und sie kümmern sich um Weiterentwicklung der Tracht und der Bräuche und um die Jungend. Bestes Beispiel dafür ist der Mädchenhaarreif. Obfrau Daniela Heinzl hat die Mädchenhaube –  diese wird nur bis zum dreizehnten Lebensjahr gerne getragen – weiterentwickelt. Aus goldenen Bändern und kunstvoller Stickerei kreiert sie prunkvolle und gleichzeitig praktische Haarreifen, die die jugendlichen Mädchen bevorzugen. Und das nicht nur bei der Wallfahrt, sondern auch auf Bällen oder sonstigen festlichen Anlässen, bei denen frau sich für ein paar Stunden als Prinzessin fühlen möchte. Jeder dieser Reifen ist ein Einzelstück. Verarbeitet wird, was vorhanden ist. Gern auch die Reste einer Erwachsenenhaube. Modern und nachhaltig. Trendiger geht es nicht.

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Dass die Gold- und Perlhaubendamen und Kopftuchträgerinnen für karitative Zwecke arbeiten, sollte auch nicht unerwähnt bleiben. Sie sind eben kein goldiger Aufputz für Veranstaltungen, sondern auch Jahrzehnte nach Gründung der Wallfahrt Friedensbringerinnen in ihrem regionalen Umfeld für Menschen in Notlagen. Kein Wunder also, dass die UNESCO diesen Brauch als besonders eingestuft und nun offiziell zertifiziert hat. Mehr dazu hier!

(Manuela Göll)