Farbenfroh

Referentin Ingrid Loibl
Referentin Ingrid Loibl (c) Volkskultur Niederösterreich

Der graue Winter ist fast vorüber, wir freuen uns auf den farbenfrohen Frühling. Sonnengelb, feuerrot oder eisblau – Farben begleiten uns überall in unserem Leben, ob in der Natur, in Gebäuden oder bei unserer Kleidung.

Und sie lösen dabei unterschiedliche Gefühle aus. Farbe ist Schwingung, stellte Ingrid Loibl, Kunsttherapeutin, beim Symposium „Textilland Niederösterreich“ zum Thema Farben und Färben am 23. Februar 2024 im Haus der Regionen in Krems-Stein fest.

Doch woher kommen diese Farben? War das Leben immer schon für alle bunt? Heute darf jeder alles – doch im Mittelalter war streng geregelt, wer welche Farbe tragen durfte. Purpur – langwierig aus tausenden von Purpurschnecken gewonnen, trug nur die Herrschaftsklasse.

 

Gefärbt wurde mit natürlichen Farbstoffen. Zum Beispiel mit Safran – jener aus Loosdorf war besonders edel und gefragt, erklärte Gerhard Floßmann, Regionalforscher und Historiker, in seinem Vortrag.

Die Knollen waren extrem wertvoll und wurden von Generation zu Generation weitergegeben und in kontrollierter Dreifelderwirtschaft angebaut. Loosdorfer Safran wurde nachweislich bis Hamburg gehandelt, wo er als besonders qualitätsvoll beschrieben wurde.

Referent Gerhard Floßmann (c) Volkskultur Niederösterreich

Safrananbau wurde vorwiegend in Weinbaugebieten (auch in der Wachau oder am Wagram) von Winzern als Nebenerwerb betrieben. Auch als Würz- und Arzneimittel war Safran begehrt – 2024 ist er das Arzneimittel des Jahres (Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPPA).

Die natürlichen Färbemittel wie Safran, Krapp, Färberwaid, Indigo, Schildlaus, Purpurschnecke oder Lapislazuli (tierisch, pflanzlich und mineralisch) wurden schließlich durch synthetische ersetzt. Durch einen Zufall beziehungsweise eine Unachtsamkeit erfand Sir William Henry Perkin, ein britischer Chemiker, 1856 den ersten synthetischen Farbstoff, das Mauvein (violett). Farben wurden in der Folge für jeden erschwinglich und unsere Welt bunter.

 

Referentin Karin Fleck (c) Volkskultur Niederösterreich

Die erdölbasierten Farben sind jedoch nicht unumstritten, sie tragen sehr stark zur Umweltverschmutzung bei. Karin Fleck, CEO des mehrfach preisgekrönten Startups Vienna Textile Lab (VTL) arbeitet an einer neuen Methode des umweltfreundlichen und nachhaltigen Färbens mit Bakterien und Mikroorganismen und feiert damit Erfolge.

Violett war auch hier die erste Farbe, die auf Bakterienbasis Stoff färbte – mit dem neuen Wirkstoff Violacein. Da noch viele Bakterien und Mikroorganismen, die die gesamte Welt „bevölkern“, gar nicht er- beziehungsweise beforscht sind, liegt darin vielleicht die Zukunftsperspektive für eine Renaissance des Färbens mit natürlichen Färbemitteln.

 

Referentin Dunja Krcek (c) Volkskultur Niederösterreich

Es gibt viele Arten an das Thema Farben und Färben heranzugehen. Dunja Krcek tut dies in künstlerischen Prozessen. Die junge Künstlerin sucht in der Natur nach Erfahrungen und Farben, die sie dann in Kunstwerke umsetzt, die bereits in mehreren Ausstellungen gezeigt wurden.

In Finnland, Peru und Island setzte sich Dunja Krcek mit der Landschaft, den Pflanzen, deren Eigenschaften und auch mit den vor Ort überlieferten Handwerkstechniken auseinander.

Daraus entstanden textile Kunstwerke, die mit Pflanzenfarben aus Rainfarn, Birkenrinde, Heidekraut, Mädesüß, Johanniskraut, Wilder Karotte, Kurkuma, Hibiskusblüten, lila Mais, Rharbarber, Schafgarbe, Flechten, Wiesenknöterich, Frauenmantel oder Löwenzahn behandelt wurden. In Workshops gibt sie ihr Wissen und Können weiter.

 

Referent Josef Kóo(c) Volkskultur Niederösterreich

Blaufärben ist das Markenzeichen der Familie Koó, die seit mehr als 100 Jahren Textilien im Blaudruckverfahren herstellen. Früher beliebt als Arbeitskleidung, heute ein Statement oder Teil von Trachten und Dirndln.

Die typischen weißen Muster entstehen nicht durch Auftragen von weißer Farbe auf blauen Stoff, sondern durch die sogenannte „Reservetechnik“, erklärte Josef Koó.

Auf weißem Stoff wird mit Stempeln (teilweise meist über 100 Jahre alte Holzmodeln) der „Papp“ – eine grüne Paste aus Gummi Arabicum – aufgetragen, beziehungsweise gestempelt.

Nach einer Einwirkzeit von mehreren Wochen wird der Stoff in der Küppe (einem im Boden eingelassen großen Gefäß, wo die Farbe Indigo lediglich nachgefüllt und nur alle 25 Jahre ausgewechselt wird) gefärbt. Die Farbe erhält der Stoff allerdings erst durch den Kontakt mit Sauerstoff. Beim Herausnehmen kann man der Farbe beim Entstehen zusehen – von weiß über grün bis blau. Dann müssen die Stoffe trocknen und der Färber kann „blaumachen“. Hier geht´s zu einem Kurzfilm zum Thema Blaudruck.

 

(c) Volkskultur Niederösterreich

Neben Wolle und Baumwolle ist Leinen ein natürlicher Stoff, der für das Färben mit natürlichen Farben besonders geeignet ist.

Richard Vill aus Südtirol, seit mehr als 30 Jahren in der Textilbranche tätig, hat sich auf den Flachsanbau und die Leinengewinnung spezialisiert.

Als Modemacher war es die für unsere Regionen typische Textilart (neben Wolle ist Flachs die einzige europäische Faser) und das überlieferte Wissen, das die Faszination Leinen für ihn ausmachte. Bereits vor mehr als 30.000 Jahre wurde Leinen hergestellt – und auch gefärbt. Einige Methoden sind seit damals fast unverändert.

 

(c) Volkskultur Niederösterreich

Einen Blick in die Vergangenheit konnten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums auch mit Karina Grömer, Direktorin der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums machen. Ihr Forschungsgebiet liegt im ersten und zweiten Jahrtausend vor Christus und sie arbeitet mit Textilfunden aus Salzbergwerken, Mooren und mit Darstellungen auf Gefäßen.

Trotz des Alters und der oft geringen Größe der Funde (zum Beispiel an Metall ankorrodierte Reste) kann sie von erstaunlichen Ergebnissen berichten: Die Wollstoffe hatten unterschiedliche Feinheitsgrade im Faden, waren oft gefärbt und auch schon in Mustern gewebt, die wir heute noch kennen und tragen (Streifen, Karos, etc.). Auch zielgerichteter Einsatz von Materialien ist nachweisbar, so wurde Rosshaar als Schuss und Wolle als Kette (Fachausdrücke aus der Weberei) verwendet, um die Festigkeit zu erhöhen.

Von der Bronze- bis zur Eisenzeit ist erkennbar, dass die Wolle der Schafe immer heller wurde und man somit mit den einheimischen Naturfarben wie Färberwaid (blau, indigo), Krapp (rot) oder Wau (gelb) bessere Ergebnisse erzielte.

(c) Volkskultur Niederösterreich

Die Referentinnen und Referenten des Symposiums der Volkskultur Niederösterreich gemeinsam mit der Gesellschaft zur Förderung der Textil-Kunst-Forschung (Peter Bichler) zum Thema „Farben und Färben“ boten erkenntnisreiche Einblicke aus verschiedenen Blickwinkeln in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Färbens. Manches regte zum Nachdenken an, vor allem steigerte es aber die Wertschätzung für Alltägliches.

 

Wer nun Lust auf etwas Buntheit in seinem Leben bekommen hat, kann im Geschäft „volkskultur – Handwerk der Regionen“ in der reichen Auswahl von Stoffen stöbern.

(Doris Zizala)