… jetzt ist das Haus das enge Grab …
heißt es in der zweiten Strophe des Abschiedsliedes „Gute Nacht, gute Nacht, o Welt“. Das Grab, unsere letzte Ruhestätte, bekommt Anfang November eine besondere Zuwendung. Allerheiligen am ersten und Allerseelen am zweiten November zählen im Kalender zu Feiertagen, an denen der Toten in besonderer Art und Weise gedacht wird. Gottesdienste und Friedhofsgänge gehören dazu.
Allerheiligen, Allerseelen.
Genauer betrachtet, wird am ersten November, zu Allerheiligen das Fest der Gemeinschaft der Heiligen (festum omnium sanctorum) begangen. Denn mit zunehmender Zahl an Märtyrern während der Christenverfolgung – in der Kirchengeschichte sind die Verfolgungen im Römischen Reich gemeint – wurde es unmöglich, jeder und jedes einzeln zu gedenken. Daher sind bereits seit dem 4. Jahrhundert Sammelfeste für Heilige nachgewiesen.
Am zweiten November wird aller verstorbenen Gläubigen (diem in commenmoratione omnium fidelium defunctorum) gedacht.

Heutzutage wird zwischen den beiden Tagen, was die Bräuche anlangt, kaum unterschieden. Allerheiligen und Allerseelen gelten als Totengedenken für Verwandte, Freunde und Bekannte. Die Friedhöfe sind zu keinem anderen Termin derart verlässlich besucht. Nach Einbruch der Dunkelheit geben unzählige leuchtende Grabkerzen Zeugnis davon ab. Sie versinnbildlichen das „Ewige Licht“.
Aber schon Tage davor werden die Gräber besonders geschmückt. Schnittblumen, winterfeste Pflanzen, eigens gefertigte Allerheiligengestecke, Kreuze und Herzen aus Moos oder Efeu – selbstgefertigt oder von Gärtnern angeboten.
Eines steht fest: Die Gestaltung und der Schmuck von Gräbern sind eine höchstpersönliche Angelegenheit. Für viele Menschen ist die Grabstätte so etwas wie ein Status Symbol: dargestellt in aufwändig, vom Steinmetz im Handwerk hergestellten, mit Grabsteininschriften und Gravuren sowie religiösen Symbolen versehenen Grabsteinen und Grabeinfassungen .
Das Ausmaß von Grabmälern hängt davon ab, ob es sich um Einzel-, Doppel-, Familien-, Kinder-, oder Urnengräber handelt.
Grabplatten bzw. Kieselstein- oder Erdbelag für Blumenschalen und Blumenbepflanzung, Laternen, Weihwasserschalen, Figuren usw. gehören zu den üblichen Ausstattungen von Grabstätten. Bevorzugte Steinarten sind Granit, Marmor, Sand- oder Kalkstein.
In diesem Zusammenhang spiegeln sich regionale Bodenschätze oft wider. So wurden und werden entlang der Eisenstraße oder in gebirgigen Gegenden gerne schmiedeeiserne Grabkreuze aufgestellt.
Der Friedhof der Kirche St. Johannes der Täufer in Laas/Vinschgau zeigt sich im weißen Erscheinungsbild, reicht nämlich der professionelle Abbau des berühmten Laaser Marmors bis in das 17. Jahrhundert zurück.


Friedhofsordnungen.
In Österreich besteht Bestattungspflicht. Bestattungsgesetze sind Ländersache, weshalb es bei uns auch neun Landesgesetze gibt. Nachgereiht sind die so genannten Friedhofsordnungen, die überwiegend von den Gemeinden, aber auch von Kirchen verfasst werden.
Darin sind 1. das Verhalten der Nutzer und Besucher, 2. die Vorschriften zu Grabarten, Grabgrößen und Ruhezeiten und 3. die Regeln zur Gestaltung bez. Bepflanzung von Gräbern festgehalten.
Die Ruhezeit für einen Verstorbenen beträgt in der Regel 20 Jahre.
Die Friedhofsgebühren setzen sich aus den Grabkosten (Neuerwerb), Nutzungsgebühren (mindestens 10 Jahre mit Option auf mehrfache Verlängerung) und Beisetzungsgebühren zusammen. Der Erwerb eines Erdgrabes kostet im Durchschnitt Euro 2.000,00, der Erwerb eines Urnengrabes im Durchschnitt Euro 600,00.
Berühmte Friedhöfe.
Friedhöfe sind in erster Linie im religiösen Kontext zu betrachten und zu verstehen. Sie sind darüber hinausgehend aber auch Baudenkmäler und Kulturgüter.
Inspiriert von einem Plakat aus Anlass 100 Jahre Wiener Zentralfriedhof widmete der Austropopper Wolfgang Ambros dem Wiener Zentralfriedhof 1975 ein eigenes Album. „Es lebe der Zentralfriedhof“:
„Es lebe der Zentralfriedhof und alle seine Tot’n, da Eintritt is für Lebende heut ausnahmslos verbot’n. Weu da Tod a Fest heut gibt – die ganze lange Nacht, und von die Gäst ka anziger a Eintrittskarten braucht.
Wanns Nacht wird über Simmering, kummt Leb’n in die Tot’n und drüb’n beim Krematorium tan’s Knochenmark abbrat’n. Durt hint’n bei der Mamorgruft, durt stehngan zwa Skelette, die stess’n mit zwa Urnen an und saufen um die Wette.
Am Zentralfriedhof ist Stimmung wia’s sein Lebtag no net war, weu alle Tot’n feiern heute seine ersten hundert Jahr.
Es lebe der Zentralfriedhof und seine Jubilare. Sie lieg’n und verfäul’n scho durt seit über hundert Jahren. Draußt is kalt und drunt is warm, nur manchmal a bissl feucht; wenn ma so drunt liegt, freut ma sich, wenns Grablaternderl leucht.
Es lebe der Zentralfriedhof, die Szene wirkt makaber, de Pfarrer tanz’n mit de Hurn
und Judn mit Araber. Heut san alle wieder lustig, heut lebt alles auf.
Im Mausoleum spielt a Band, die hat an Wahnsinns-Hammer drauf. (… happy birthday …)
Am Zentralfriedhof ist Stimmung … (… happy birthday …)
Es lebe der Zentralfriedhof, auf amoi macht’s an Schnalzer, da Moser singt’s Fiakerliad und die Schrammeln spiel’n an Walzer. Auf amoi is die Musi still und alle Aug’n glänzen, weu dort drüb’n steht der Knochenmann und winkt mit seiner Sens’n.
Am Zentralfriedhof ist Stimmung … (… happy birthday…)“
Der Wiener Zentralfriedhof wurde 1874 eröffnet, immer wieder erweitert und beherbergt heute insgesamt 330.000 Grabstätten auf einer Fläche von 250 ha. Er ist der zweitgrößte in Europa. (Der Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg ist mit 440 ha der größte in Europa, sogar weltweit.). Rund 1000 Ehrengräber sind am Wiener Zentralfriedhof zu besuchen. Sie werden von der Stadt Wien als höchste Auszeichnung vergeben.
Bedeutsame Persönlichkeiten aus der Politik, Gesellschaft und Kunst sind in verschiedenen Ehrengräbergruppen zu finden: Darunter der erste Staatskanzler und Bundespräsident Karl Renner (14. 12. 1870 – 31. 12. 1950), Bundeskanzler und Landeshauptmann Leopold Figl (2. 10. 1902 – 9. 5. 1965), Bundeskanzler Bruno Kreisky (22. 11. 1911 – 29. 7. 1990), der Volksdichter und Schauspieler Johann Nepomuk Nestroy (7. 12. 1801 – 25. 5. 1862), der Schriftsteller und experimentelle Lyriker Ernst Jandl (1. 8. 1925 – 9. 6. 2000), der Biedermeiermaler Friedrich Gauermann (3. 4. 1773 – 27. 3. 1843), der Wachaumaler Josef Stoitzner (12. 2. 1911 – 6. 11. 1982), der Wegbereiter für die moderne Architektur Adolf Loos (10. 12. 1870 – 23. 8. 1933), die Kammerschauspieler Hans Moser (6. 8. 1880 – 19. 6. 1964) und Fritz Muliar (12. 12. 1919 – 4. 5. 2009), die Wienerliedsängerin Amalie „Maly“ Nagl (2. 3. 1893 – 20. 12. 1977), der Psychoanalyst Erwin Ringel (27. 4. 1921 – 28. 7. 1994), der Doyen der österreichischen Journalistik Hugo Portisch (19. 2. 1927 – 1. 4. 2021), die Komponisten Ludwig van Beethoven (16. 12. 1770 – 26. 3. 1827), Franz Schubert (31. 1. 1897 – 19. 11. 1828), Johannes Brahms (7. 5. 1833 – 3. 4. 1897), die Straußdynastie Johann Strauß Vater (14. 3. 1804 – 25. 9. 1849), Johann Strauß Sohn (25. 10. 1825 – 3. 6. 1899), Josef Strauß (22. 8. 1827 – 22. 7. 1870), Eduard Strauß (15. 3. 1835 – 28. 12. 1916), Friedrich Cerha (17. 12. 1926 – 14. 2. 2023), der Unterhaltungsmusiker und Sänger Udo Jürgens (30. 9. 1934 – 21. 12. 2014) oder der Popmusiker und Rapper „Falco“ Johann Hölzel (19. 2. 1957 – 6. 2. 1998).
Dem weltberühmten Wolfgang Amadeus Mozart (17. 1. 1756 – 5. 12. 1791) ist ein Denkmal erbaut. Das Mozart-Grab befindet sich bekannterweise am St. Marxer Friedhof.

Friedhof Père-Lachais in Paris: Grabmäler von Frédéric Chopin (Foto: Maike Grunwald) und Ignaz Josef Pleyel (Foto: Austria Forum).
69.000 Grabstätten befinden sich am wildromantischen größten Friedhof in Paris: Père Lachais – sehr gerne auch als Künstlerfriedhof bezeichnet. 3,5 Millionen Besucher:innen zählt dieser Ort des Gedenkens jährlich.
Größen von Weltrang wie der irische Schriftsteller Oscar Wilde (16. 10. 1854 – 30. 11. 1900), der polnische Komponist und Pianist Frédéric Chopin (1. 3. 1810 – 17. 10. 1849), die bedeutendste Sopranistin des 20. Jahrhunderts Maria Callas (2. 12. 1923 – 16. 11. 1977) oder der in der Nähe von Paris lebende und aus Ruppersthal in Niederösterreich stammende Komponist, Klavierfabrinkant und Verleger Ignaz Josef Pleyel (18. 6. 1757 – 14. 11. 1831). 2009 wurde das Grabmal von Ignaz Josef Pleyel mit Unterstützung des Landes Niederösterreich restauriert. Mit einer kleinen Gedenkfeier unter Anwesenheit des damaligen Landeshauptmannes von Niederösterreich Erwin Pröll, des Präsidenten der Internationalen Ignaz Joseph Pleyel Gesellschaft Adolf Ehrentraud und einem Holzbläserensemble des Jugendsinfonieorchesters Niederösterreich wurde am Grabmal in Père Lachaise des großen Niederösterreichers gedacht. Eine kleine, feine und sehr würdige Feierstunde, an die ich mich sehr gerne und immer wieder erinnere.
Der älteste und auf Grund seiner jüdischen Rituale und Traditionen bedeutendste ist der jüdische Friedhof am Ölberg in Jerusalem. Er beherbergt geschätzt 200.000 bis 300.000 Grabsteine und ist östlich der Altstadt angelegt.
Auf jüdischen Friedhöfen ist die Erdbestattung vorgeschrieben. Mit wenigen Ausnahmen sind es Einzelgräber, die nach Osten ausgerichtet sind, damit nach der Auferstehung die Reise in das Heilige Land sofort angetreten werden kann.
Die Trauernden legen statt Blumen meist Steine auf den Grabstein. Jüdische Friedhöfe sind in erster Linie Stätten der absoluten Ruhe, daher ist deren Pflege meist auf ein Mindestmaß ausgerichtet.
„Einschlägige“ Friedhöfe erinnern sehr oft an Kriege oder auch Interessensgruppen. Zu nennen sind Soldatenfriedhöfe, meist grüner Rasen mit reihenweise aufgestellten Erinnerungskreuzen oder -steinen. In alpinen Gegenden gibt es zudem Bergsteigerfriedhöfe. Der größte in Österreich wurde in Johnsbach im Gesäuse angelegt – als letzte Ruhestätte für verunglückte Bergsteiger.
Neue Formen von Ruhestätten.
In den letzten Jahren entwickelten sich neben der traditionellen Erd- oder Feuerbestattung auch neue Bestattungsformen, die dem Wunsch nach Individualität, Naturnähe und Nachhaltigkeit gerecht werden sollen. Dazu zählen zum Beispiel die Naturbestattung – „Baum-“ „Almwiesen-“, „Weinstockbestattung“ – , Meeres-, See- oder Flussbestattung – „Donaubestattung“. Bei der Edelsteinbestattung wird ein Teil der kremierten Asche bei Temperaturen von ca. 2000 Grad Celsius zu einem Edelstein verwandelt. Jedenfalls muss der verbleibende Teil der Asche aber in der Urne bestattet werden. Urnen können auch privat im Garten bzw. im Haus aufgestellt werden.
Reerdigung nennt man das Transformieren in fruchtbare Erde. Diese letztgenannte Form ist allerdings in Österreich noch nicht zugelassen.
Grabinschriften.
Jede Grabinschrift beinhaltet den Namen und die Lebensdaten des Verstorbenen. Bei verheirateten Frauen wird mitunter auch der Ledigenname angeführt: … geborene Berger … beispielsweise.
Heute sind der Fantasie und Kreativität kaum Grenzen gesetzt, was Inschriften und ganz allgemein die Aufmachung anlangt. Kurze prägnante Aussagen wie: „Ruhe(t) sanft, In Liebe, Ewig verbunden, Glaube.Hoffnung.Liebe, usw. Bibelzitate, Zitate aus Lyrik und Texten bekannter Schriftsteller oder auf die Verstorbenen individuell abgestimmte Zeilen sind zu finden.
Grabstätten – unsere letzten Ruhestätten sind Orte des Friedens und der Versöhnung, die wir gerade in den kommenden Tagen gerne besuchen: Orte, wo wir unserer vorangegangenen lieben Menschen besonders gedenken.
Dorli Draxler, Oktober 2025
Hinweis: ORF Radio Niederösterreich-Frühschoppen: „aufhOHRchen Spezial zu Allerheiligen“. Samstag, 1. November 2025, 11.00-12.00 Uhr.
