Trachtenmode war von Anfang an vor allem eines: nachhaltig. Ein qualitätvolles Dirndl zeichnet sich durch Strapazierfähigkeit aus und kann auch einfach gereinigt werden. Es wird optimalerweise aus regionalen Materialien und in sorgfältiger Handarbeit hergestellt und oft über Generationen weitergegeben. Auch ein Trachtenjanker ist eine Anschaffung fürs Leben, wer ihn hat, trägt ihn meist über Jahrzehnte und die „Krachlederne“ zählt wohl zu den widerstandsfähigsten Kleidungsstücken, die man sich vorstellen kann. Dirndl und Tracht haben eine sehr wechselvolle Geschichte hinter sich, seit kurzem erlebt die Tracht aber eine wahre Renaissance und wird frei und ungezwungen mit modernen Akzenten kombiniert. Höchste Zeit für einen kompakten Crash-Kurs:
Entstehung des Dirndls

Das Dirndl entwickelte sich ursprünglich aus dem Arbeitsgewand für junge Mädchen oder Mägde – in der Mundart „Dirndl“, was schließlich auch den Begriff prägte: Ein „Hemat“ oder „Pfoad“, darüber ein Mieder bzw. „Leibl“ mit einem Rock, auch „Kittel“ genannt, und darüber eine schützende und schmückende Schürze. Waren im Mittelalter bis hinein in die Neuzeit in Europa die Kleidervorschriften streng nach Ständen geregelt, wurden diese ab dem 18. Jahrhundert gelockert.
Im 19. Jahrhundert entstand ein romantisierendes Bild der Landbevölkerung. Erzherzog Johann schickte Landvermesser und Ethnografen aus, um Land und Menschen zu kartografieren und befeuerte so noch die Sehnsucht nach dem „Ursprünglichen“. Selbst machte er den graugrünen Steireranzug sogar „hoffein“. Mit der steigenden Reiselust und der sogenannten und beliebten „Sommerfrische“ wurde das Dirndl auch von der Stadtbevölkerung entdeckt. Die ersten Urlauber:innen nahmen die bequeme Kleidung vom Land mit in die Stadt und dort beeinflusste sie auch die Stadtmode. Neben Erzherzog Johann war auch Kaiser Franz Josef mit seiner Vorliebe für die Jagd und die entsprechende Kleidung der Jäger, ein erstes Testimonial.
Vereinsmeierei und Instrumentalisierung
Bereits im 19. Jahrhundert wurden erste Trachtenvereine in Bayern gegründet, wenig später auch in Österreich. Teils wurden strenge Vorschriften für Tracht verfasst, doch bald merkte man, dass es eigentlich wenige traditionelle Trachten gab, und so engagierten sich die Volkskundler nicht nur im Bereich der Sammlung, sondern motivierten zur Entwicklung von Vereins- und Regionaltrachten. Die Gründung der Salzburger Festspiele im Jahr 1920 befeuerte die Begeisterung für die ländliche Kleidung. Die Tourismus-Industrie griff die ländliche Idylle auf und warb mit lieblichen Dirndln auf Plakaten und Sujets. Viele der heute bekannten Regionaltrachten entstanden in der Zwischenkriegszeit. In der Zeit des Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg erlebte das Dirndl eine Instrumentalisierung als „die deutsche Tracht“. Nur langsam erholte es sich davon in den Jahren danach und erlebt seither ein Auf und Ab der Beliebtheit in allen Schichten der Gesellschaft. Vor allem in Niederösterreich entwickelten Gertrude Hess-Haberlandt, Franz Lipp und Helen Grünn eine Vielzahl von Varianten.


Ob als regionale Tracht, im Verein oder als ungezwungen getragenes Waschdirndl. Streng nach Vorschrift oder mutig kombiniert, zum Teil mit modernen Stoffen oder witzigen Accessoires, Tracht und Dirndl – oft schon totgesagt und manchmal heftig kritisiert – feiern immer wieder Renaissance. Spätestens seit Gexi Tostmanns Trachtenmode auf der Pariser Fashion Week präsentiert wurde und Designerinnen wie Lena Hoschek oder Susanne Bisovsky das Dirndl neu interpretieren, ist klar, dass es über die regionale Verortung hinausgewachsen ist.
„Würde jede Frau ein Dirndl tragen, gäbe es keine Hässlichkeit mehr auf der Welt!“, stellte bereits im Jahr 2001 die jüngst verstorbene Brit-Design-Queen Vivienne Westwood fest.
(Eva Zeindl)
Sag mir, was Du trägst und ich sage Dir, wer Du bist

Ob als elegante Festrobe, spielerisch variiert oder als Ausdruck einer regionalen Zugehörigkeit, ob vererbbare Generationenkleidung oder Oktoberfest-Ausreißer: Das Dirndl hat unzählige Facetten, die zu erkunden es lohnt.
Besonders nachhaltig: Am 23. Juli lud die Volkskultur Niederösterreich zur Trachtenbörse in den Brandlhof in Radlbrunn. Am 27. Juli diskutierten ausgewiesene Experten auf Einladung der Volkskultur Niederösterreich in St. Valentin über die Zukunft des Dirndl (You Tube-Link „Podiumsdiskussion aufdirndln – aber wie?!“)
Und am 8. September 2024 ist wieder Dirndlgwandsonntag!